Max Doehlemann - Jacobs Traum. Neue jüdische Lieder - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kunst + Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 25.03.2011


Max Doehlemann - Jacobs Traum. Neue jüdische Lieder
Walter Rothschild

Die neue CD des Komponisten und Pianisten Doehlemann präsentiert sich als moderner musikalischer Midrasch voll tiefgründiger Reflexionen zu biblischen und liturgischen Texten. Bereits das Cover...




... ist plastisch und ansprechend gestaltet: Mehrfarbige Hebräische Texte überlagern sich vor einem düsteren schwarzen Hintergrund.

Über mehrere Jahre hat der in Berlin lebende Musiker Max Doehlemann neue Werke komponiert. Inspiriert wurde er nach eigener Aussage sowohl von der jüdischen Liturgie als auch von einzelnen Psalmen und traditionellen Torah-Kantillations-Rhythmen. Auf der jetzt erschienenen CD sind acht seiner einprägsamen Stücke versammelt.

Die Texte, teils in hebräisch, teils in deutsch, stammen aus dem Buch Bemidbar, dem Siddur, dem ersten Buch Samuel, dem Psalm 137 oder der Sammlung von Ejcha (Klageliedern). Alle Texte sind in hebräisch und in deutscher sowie englischer Übersetzung im Booklet dokumentiert. Hier finden die interessierten HörerInnen kurze Einführungen in die einzelnen Stücke und eine Vorstellung der mitwirkenden MusikerInnen.

Keine zwei Stücke sind gleich, sie sind sich nicht einmal ähnlich. In immer wieder neuen Kombinationen präsentiert Doehlemann eine große Bandbreite an instrumentalen Variationen: Das Klavier spielt die Hauptrolle, bekommt jedoch mit Viola, Glockenspiel, Vibration, Schlagzeug und Sopranstimmen (die unter anderem die Kantillation interpretieren) ganz unterschiedliche Partner zur Seite gestellt. Entsprechend vielfältig wirken die Tonalitäten, die Launen der Stücke.

Aus biblischen und liturgischen Texten schafft Doehlemann ein breites und tiefes Spektrum von Gedanken und Interpretationen. Drei der Stücke (Nr. 1, 5 und 8) bezeichnet der Komponist als "musikalische Midraschim". Es handelt sich um introspektive Bearbeitungen bekannter Themen. Ähnlich wie die Midraschim durch Wörter versucht Doehlemann durch Töne neue Perspektiven zu finden und elementare Fragen zu beantworten.

Stück Nr. 5, "Ejcha", spielt in seiner holprigen, zwischen Rhythmik und A-Rhythmik changierenden Betonung von Gegensätzen mit dem traditionellen Konzept des Nussach. Ein Stück in Moll – voll trauriger Erinnerungen an eine verlorene Vergangenheit.
Nr. 7, "Jakobs Traum", schaut dagegen in den Himmel, wo die Dienstengel ihre Stellung einnehmen.

Leicht und fröhlich sind die Stücke nicht, eher meditativ und herausfordernd. Sie erinnern an Prokofiev oder Szymanowski, doch der Stil bleibt letztendlich ganz Doehlemann. Einige der Stücke muss man mehrmals hören, um sie ganz zu erfassen. Es lohnt sich in jedem Fall.


Zum Komponisten: Max Doehlemann wurde 1970 in Hamburg geboren. Er studierte Komposition, Klavier und Dirigieren in München und Berlin. Seit 1995 lebt er in Berlin, wo er als Komponist (auch für Film und Theater), als musikalischer Leiter an namhaften Bühnen, als Jazzpianist und Liedbegleiter arbeitet. Auf Jacobs Traum ist er nicht nur Komponist, sondern auch als Pianist zu hören. Weitere Mitwirkende sind: Andrea Chudak (Sopran); Martin Fonfara (Schlagzeug), Stefan Roberto Kelber (Viola) Esther Kontarsky (Kantillation), Artashes Stamboltsyan (Violine) Sarah Stamboltsyan (Klavier), Arno Waschk (Klavier)

Weitere Infos, Konzerttermine und Kontakt unter: www.max-doehlemann.de

Max Doehlemann
Jacobs Traum – neue jüdische Lieder

Antes Edition, 2010



Der Autor dieser Rezension, Walter Rothschild, ist Landesrabbiner für Schleswig-Holstein



Kunst + Kultur

Beitrag vom 25.03.2011

AVIVA-Redaktion